Medizin: Wie Privatleute und Firmen die Notfallversorgung vor Ort unterstützen können
Von unserem Redakteur Matthias Schätte
WERTHEIM-REINHARDSHOF. Das Wertheimer Bürgerspital ist seit zehn Tagen in Betrieb, inklusive Notaufnahme. Um den Betrieb finanziell abzusichern, laufen derzeit viele Bemühungen – unabhängig von einer noch unklaren Unterstützung des Main-Tauber-Kreises und der jüngsten Hiobsbotschaft aus Bayern. Jeder Bürger kann aktiv werden.
Die Stadt Wertheim hat am Donnerstagmorgen auf die Anfragen zahlreicher Bürger reagiert, die den Betrieb der Notfallversorgung am Bürgerspital finanziell unterstützen wollen. Dafür ist eigentlich der Klinik-Förderverein zuständig, doch der muss sich neu konstituieren und ausrichten, denn bisher war in der Satzung die Unterstützung der Rotkreuzklinik Wertheim vorgesehen – und die gibt es nicht mehr.
Übergangsweise kann man zur Unterstützung der Notfallversorgung unter dem Verwendungszweck „Notfallversorgung Wertheim“ an zwei Konten der Stadt spenden. „Die Stadtverwaltung wird die Spenden ordnungsgemäß verwalten und eine Spendenbescheinigung ausstellen“, heißt es. Der Förderverein könne Spenden erst nach der Neukonstituierung annehmen.
300 Mitglieder im Verein
Bislang geht es der „Gesellschaft der Förderer und Freunde der Rotkreuzklinik Wertheim“ – wie der Verein mit etwa 300 Mitgliedern zuletzt hieß – um die Unterstützung der Gesundheitsversorgung der Klinik im ideellen und finanziellen Bereich. Für Einzelmitglieder war der Jahresmindestbeitrag mit 12 Euro, für Firmen mit 100 Euro angegeben.
Oberste Prämisse sei nun, Geld für die Unterstützung der Notfallversorgung zusammenzubekommen, sagt Elisabeth Fürstin zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, seit März 2023 Vorsitzende des Fördervereins. Das faktische Verbot für bayerische Gemeinden, das Wertheimer Bürgerspital finanziell zu unterstützen, schmerzt die Kreuzwertheimerin: „Die Gemeinden sollten da zusammenspielen.“ Von jeher sei trotz der Landesgrenze die Bindung zwischen Kreuzwertheim und Wertheim eng. Fehle das Krankenhaus vor Ort, würden die Wege gefährlich weit. „Macht ja schon einen Unterschied, ob ich in wenigen Minuten in Wertheim bin oder erst in 50 Minuten in Lohr.“
Neuausrichtung läuft
Im Hintergrund laufen die Vorbereitungen, um den Verein auf seine neue Aufgabe auszurichten. Der Vorstand hat sich mehrfach getroffen, auch Abstimmungen mit dem Finanzamt laufen. Die Stadt Wertheim sei mit Änderungswünschen für die Satzung auf den Verein zugekommen, diese würden besprochen und geprüft, sagt zu Löwenstein. „Das, was wir unseren Mitgliedern vorlegen, muss Hand und Fuß haben.“ Über eine Satzungsänderung müsste ohnehin eine Mitgliederversammlung abstimmen. „Einen konkreten Termin gibt es dafür noch nicht, aber in nächster Zeit.“ Auch die Stadt spricht von einer entsprechenden Versammlung voraussichtlich im Februar.
„Ein Segen“
„Der Förderverein ist seit seiner Gründung vor mehr als 25 Jahren ein Segen für die medizinische Versorgung vor Ort“, sagt zu Löwenstein. Ob sie selbst als Vorsitzende weitermacht, sei offen. „Egal, wer vorn steht: Es geht immer um das Wohl der Notfallversorgung in Wertheim.“
Betreiber verspricht: Alle Spenden fließen in Notfallversorgung
Krankenhaus: Warum Bürgerspital-Geschäftsführer Alexander Gläser auf die große Unterstützung der Bevölkerung zählt
Auch Klinikbetreiber Alexander Gläser will ein bereits Anfang Januar angekündigtes Spendenkonto an den Start bringen. „Alle Spenden werden ausschließlich zum Aufbau, zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der Notfallversorgung am Bürgerspital Wertheim eingesetzt“, heißt es in einem „Informationsblatt für direkte Zuwendungen zur Sicherung der Notfallversorgung in Wertheim“.
Vorleistung von privat
Wegen der bisher noch nicht vollends geklärten Finanzierung würden alle bis hierhin geschaffenen Strukturen ausschließlich von privater Hand, der Westfalenklinik-Gruppe, getragen. Dies sei auf Dauer eine extreme Belastung und verhindere aktuell, „dass wir das Angebot an notfallmedizinischen Möglichkeiten kurzfristig und konsequent zum Wohle aller Menschen in der Region auf das Niveau der sogenannten Basis-Notfallversorgung ausbauen können“.
Die Entscheidung, die Notaufnahme schon teilweise in Betrieb zu nehmen, sei „unser Vertrauensbeweis in eine funktionierende und verantwortungsvolle Kommunalpolitik“, so Gläser. Schon am ersten Tag habe das Team lebensrettend agieren können. „Es geht um lebenserhaltende medizinische Verfügbarkeit.“
Kein Raum für Misstrauen
Gläser versichert: Das Finanzierungskonzept sei das kostengünstigste für die öffentliche Hand. „Jedes Risiko über 2,75 Millionen Euro hinaus trägt die Westfalenklinik-Gruppe“, betont er. Die vormalige Rotkreuzklinik habe bis zu 6,5 Millionen Euro Verlust jährlich eingefahren. Alle Rechtsvorschriften würden eingehalten, Verluste der Notaufnahme würden separat abgerechnet und gegenüber der Stadt offen gelegt.
„Niemand kann sagen: Das ist ein Selbstläufer, da will sich jemand bereichern“, so Gläser. „Das ist völliger Unsinn, sonst würde man hinter uns Schlange stehen.“ Man habe alles offengelegt – weit mehr, als nötig – und gehe in Vorleistung.
Spenden für konkrete Ziele
Spenden könnten wichtige Meilensteine ermöglichen: den Vollaufbau der Radiologie mit Röntgen, CT und MRT, die Ausstattung für Schwerstfälle (sogenannte „Tracer-Patienten“), verlängerte Öffnungszeiten bis 20 Uhr werktags, später auch am Wochenende – sowie die Rekrutierung von 50 weiteren Fachkräften.
Zudem bringt die Klinikgruppe mit den Weight Doctors Patientenzahlen und Erlöse, die Wertheim sonst nicht hätte: „Die ersten Adipositaspatienten kamen aus Hamburg und Berlin. Wer hätte das vor sechs Monaten gedacht?“
Kommentar: Spenden als Zeichen
Von Matthias Schätte
Die, die dürfen, wollen nicht. Und die, die wollen, dürfen nicht. Diese Zuspitzung fasst den Eindruck vieler Bürger rund um Niedergang und Wiederauferstehung des Wertheimer Krankenhauses zusammen. Nach dem juristisch begründeten Verbot an bayerische Gemeinden, das nächstgelegene Krankenhaus auf freiwilliger Basis zu unterstützen, entlädt sich nun die Wut an Behörden. Selbst Fachleute hatten nicht erwartet, dass das Krankenhaus noch einmal öffnet.
Dieses „Wunder von Wertheim“ ist nur zustande gekommen, weil die Stadt auf Druck von Bürgern und Medizinern im entscheidenden Moment zupackte – und so überhaupt erst die Grundlage schuf. Ausgestanden ist alles noch nicht. Doch Spenden könnten viel bewirken: Man stelle sich vor, jeder der 50.000 Betroffenen im Einzugsgebiet würde pro Jahr 20 Euro für „seine“ Notfallversorgung spenden. Die erste Million wäre da. Und es würde zeigen: Die Bürger wollen ihr Krankenhaus – unabhängig von Zuständigkeiten, Fallstricken und Landesgrenzen.
Spendenkonten im Überblick
Stadt Wertheim
Verwendungszweck: Notfallversorgung Bürgerspital
– Sparkasse Tauberfranken
IBAN: DE75 6735 2565 0003 0201 04
BIC: SOLADES1TBB
– Volksbank eG Neckar Odenwald Main Tauber
IBAN: DE88 6739 0000 0000 1850 00
BIC: GENODE61WTH
Bürgerspital Wertheim (Klinikträger)
Verwendungszweck: Spende Notfallversorgung
– Commerzbank AG
IBAN: DE51 4404 0037 0204 0434 01
BIC: COBADEFFXXX
Für Spendenbescheinigungen:
E-Mail an spende@buergerspital-wertheim.de mit Name, Adresse, Steuernummer, Spendendatum und -betrag.
Quelle: Wertheim – FREITAG, 17. JANUAR 2025 15