Medizinische Versorgung: Bei einer Umfrage in Wertheim zeigen sich die Bürger teils skeptisch und optimistisch
Von unserem Mitarbeiter Michael Geringhoff
WERTHEIM. Da war er also, der lang erhoffte »weiße Rauch« über dem Wertheimer Rathaus: Ein Bürgerspital soll der gescheiterten Rotkreuzklinik folgen. Die Stadt Wertheim kauft das Krankenhaus-Gebäude, die Westfalenklinik-Gruppe, die Mediclin AG und das angestammte Dialysezentrum mieten sich ein, und all das macht dann auch die Wiedereröffnung der dringend benötigten Notaufnahme möglich.
Letztere allerdings zum satten Zuschusspreis, den die Stadt Wertheim aber anscheinend nicht allein wird tragen müssen.
Erste Signale für Unterstützung
Die Frage danach, warum eine Kommune das staatliche Gesundheitssystem überhaupt so mitfinanzieren muss, steht dabei noch auf einem anderen Blatt. Immerhin: Der Main-Tauber-Kreis und erste Nachbargemeinden signalisieren, dass auch sie Geld beisteuern werden und die Wertheimer nicht allein lassen. Das Echo unter den Bürgern ist zuerst einmal von Erleichterung geprägt.
Dass es so teuer wird, beunruhigt dabei dennoch den ein oder anderen sehr – und viele der von unserer Redaktion Befragten glauben, dass es nicht allein die Schuld der Schwesternschaft gewesen sein kann, die dieses Desaster verursacht hat.
Stimmen aus der Bevölkerung
Inge Erbacher (66) sagt: „Ich bin erst einmal wirklich erleichtert, wenn es jetzt klappen sollte. Die Folgekosten drehen mir dabei aber den Magen um. 2,75 Millionen Zuschuss pro Jahr und dann auch noch die Rückstellungen.“ Alles in allem sei es ein hoher Preis, dafür, dass schnell geholfen werden könne, aber dieser Preis müsse es dann wohl erst einmal sein.
Daniela Pfaff (45) meint: „Alles, was man jetzt sagt, ist voraussichtlich verkehrt“, viel zu viel liege noch im Dunkeln. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass da jeder seinen Teil beigetragen hat, im Guten und im Schlechten.“ Wichtig sei ihr, dass die nächste Notaufnahme künftig nicht mehr mindestens 45 Minuten entfernt liege. „Ich war persönlich beunruhigt und finde es wichtig, ein nahes Krankenhaus im Hintergrund zu wissen“, betont sie.
Tanja Grohme (45) findet, dass die Verwaltung und der Wertheimer Gemeinderat es gut gemacht hätten, jetzt diese Lösung präsentieren zu können. „Die Notaufnahme ist Aushängeschild der Stadt.“ In jüngster Vergangenheit – ohne eigene Notaufnahme – habe es schon eine ganze Reihe bedauerlicher Umstände gegeben. Grohme geht davon aus, dass verlorenes Krankenhauspersonal in ausreichendem Maße zurückkommen werde, weil viele der Ehemaligen nach wie vor in Wertheim wohnten.
Jürgen Schlegel (62) erklärt: „Erst einmal sehr gut, dass das Krankenhaus uns erhalten bleibt. Allerdings hätte es in meinen Augen gar nicht erst soweit kommen müssen, denn die ganze Zeit über haben Vertreter der Stadt im Aufsichtsrat der Rotkreuzklinik gesessen – die hätten lange wissen müssen, worauf das hinausläuft. Man hätte nicht warten müssen, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist.“
Zeki Kamanmatz (62) sagt: „Natürlich gut, dass es zurückkommt.“ Generell habe die Stadt in Sachen Krankenhaus keine glückliche Hand bewiesen. Schon die frühere Entscheidung, das kommunale Krankenhaus am DBG aus der Hand zu geben, sei falsch gewesen – was gekommen sei, sei nur die natürliche Folge gewesen.
Tom Kranz (32), selbst Arzt und auf Familienbesuch in Wertheim, betont: „Die Notaufnahme ist absolut wichtig.“ Politisch sei es ganz offenkundig „von oben gewollt“, dass Krankenhäuser geschlossen würden. Aber es sei gut, dass die Stadt Wertheim sich dem politischen Versagen entgegenstelle.
Quelle: Wertheim – Zeitung – MONTAG, 19. AUGUST 2024 WERTHEIM & UMGEBUNG 19