Intensiv-Reha statt Schnelldurchlauf

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Pflege: Das hat die Mediclin AG im Gebäude der ehemaligen Rotkreuzklinik in Wertheim vor – In der Region einmaliges Angebot geht ab Januar stufenweise an den Start

WERTHEIM-REINHARDSHOF. Wertheim wagt den Krankenhaus-Neustart, mit dem Bürgerspital soll es künftig wieder eine Notfallversorgung geben. Doch auch eine neurologische Rehabilitationsklinik mit 88 Betten ist ein wichtiger Partner. Denn die von Mediclin betriebene Einrichtung wird in der Region etwas Besonderes sein.

„Für uns ist das ein wichtiger und schöner Tag – nach viel Arbeit in kurzer Zeit“, sagt Mediclin-Vorstand Thomas Piefke. Eben hat er gemeinsam mit André Scharbacker die Verträge unterschrieben, die künftig den Betrieb der Reha-Einrichtung im Gebäude der ehemaligen Rotkreuzklinik regeln. Beide sind Geschäftsführer der neu gegründeten Mediclin Campus Wertheim GmbH.

„Wir wollen unser Angebot mit einbringen, um den Gesundheitsstandort zu sichern“, sagt Piefke im Gespräch mit der Redaktion. Die Aktiengesellschaft aus Offenburg ist kein Akutversorger, sondern vor allem auf die Rehabilitation spezialisiert. Schlaganfallpatienten, Menschen mit Schädel-Hirn-Trauma, aber auch Rückenmarksverletzte nach Unfällen sowie Menschen mit chronischen Krankheiten wie Parkinson oder multipler Sklerose sollen künftig in Wertheim versorgt werden. „Eine wohnortnahe Versorgung ist da ziemlich wichtig“, erklärt Piefke: Menschen säßen plötzlich im Rollstuhl oder seien ans Bett gefesselt. Um solche Situationen bewältigen zu können, sei auch elementar, dass Angehörige in der Nähe seien. „So ein Angebot gab es hier in der Region noch nie.“ 88 Betten und zusätzliche Therapieflächen sind dafür vorgesehen, Patienten aus der Region können so in der Nähe versorgt werden – beispielsweise auch nach einer Behandlung in der Schlaganfalleinheit des Bürgerspitals.

Viel Flächenbedarf

Unterm Strich geht es in der neurologischen Reha darum, sich den Patienten besonders intensiv zu widmen, um ihre Lebensqualität und Selbstständigkeit zu verbessern und körperliche, kognitive und emotionale Fähigkeiten gezielt zu fördern. „Anderswo geht es um Durchsatz, das ist bei uns anders. Da ist der Patient drei bis sechs Wochen da und wird in dieser Zeit mindestens drei oder vier Stunden behandelt“, sagt Piefke. Daher braucht es nicht nur Ärzte und Therapeuten, sondern auch Pflegepersonal und Sozialarbeiter. Mediclin spricht von „multiprofessionellen Teams“, die auch Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie zur Rehabilitation anbieten. Nicht nur Sprach-, sondern auch Schluckstörungen seien in der Neurologie häufig ein Thema. Außerdem gebe es psychologische Betreuung sowie die Beratung durch den Sozialdienst, zum Beispiel zur Unterstützung bei finanziellen und sozialen Fragen sowie bei der Hilfe bei der Organisation der häuslichen Pflege.

All das braucht Platz: Das komplette zweite Obergeschoss wird von Mediclin genutzt werden, dazu der Bereich der ehemaligen Gynäkologie und Geburtshilfe im ersten Obergeschoss sowie Teilbereiche des Erdgeschosses, zum Beispiel im ehemaligen Verwaltungstrakt. Umbauten laufen bereits oder sind angeschoben. Vor allem im ersten Obergeschoss müssen noch Patientenzimmer umgebaut werden oder neu geschaffen werden, zum Beispiel in den ehemaligen Kreißsälen. Was Mediclin investieren will, dazu hält sich eine Sprecherin auf Nachfrage zurück.

Start in Stufen

„Zum Start haben wir einen Stufenplan, der bis in die Mitte 2025 reicht“, sagt Thomas Piefke. Ab 1. Januar soll es losgehen. „Wir sind noch nicht bei 100 Prozent“, aber für den Start reicht es mit dem Personal, das bis dahin seine Arbeitsverträge unterschrieben habe. „Wir haben schon sehr viele Mitarbeiter unter Vertrag genommen.“ Gerade am Anfang habe es einen sehr großen Run auf die Stellenausschreibungen gegeben, auch von ehemaligen Mitarbeitern der Rotkreuzklinik. „Wir haben in den Gesprächen gemerkt, dass sehr viele Bewerber interessiert waren, hier am Standort wieder zu arbeiten nach der erlebten Pleite.“

Für die Endausbaustufe hat man noch etwas Luft nach oben, am Ende will Mediclin in Wertheim etwa 100 Mitarbeiter beschäftigen. Das übrigens nicht nur im Reha-Bereich, sondern auch in der Verwaltung und der Küche und Cafeteria, die von der Servicegesellschaft Mediclin À la Carte GmbH betrieben werden soll. Die Küche startet ab 1. Dezember als erste Einrichtung des Hauses, kündigt Piefke an. Es gehe zum einen um die Speisenversorgung innerhalb des Hauses, voraussichtlich auch für das Bürgerspital, heißt es ergänzend von einer Mediclin-Sprecherin. Auch für Anfragen externer Kunden wie Pflegedienste oder Altenheime sei man offen, die Strukturen vor Ort seien dafür geeignet. „Auch personell sind wir so weit aufgestellt, dass wir noch dieses Jahr mit der Speisenversorgung starten können.“ Außerdem soll die Cafeteria auch wieder für externe Gäste geöffnet sein.

Die am Montag unterschriebenen Verträge seien ein wichtiger Schritt, sagt Piefke. „Mit diesem Tag haben wir einen Schub, weil jetzt sicher ist, dass es hier weitergeht.“ Die letzte politische Sicherheit gibt es noch nicht, da eine Genehmigung des Haushalts der Stadt Wertheim durch das Regierungspräsidium noch aussteht. Die Reha würde das zwar im Gegensatz zur Notfallversorgung nicht unmittelbar betreffen, aber: „Wenn das Bürgerspital nicht kommen würde, wäre das auch für uns schlecht“, macht Piefke klar. Er zeigt sich optimistisch: „Für die Außenwelt ist klar: Es geht jetzt wirklich los.“ Und diese Sicherheit dürfte auch weitere potenzielle Mitarbeiter bringen, so seine Hoffnung.

Quelle: Zeitung – MITTWOCH, 20. NOVEMBER 2024 BLICKPUNKT 17

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