Medizinische Versorgung: Miet- und Überlassungsverträge für die neuen Nutzer des Krankenhausgebäudes unterzeichnet
Von Gerd Weimer
Wertheim. Mit der Unterzeichnung der Miet- und Überlassungsverträge für das Gebäude des Wertheimer Krankenhauses ist am Montagvormittag ein weiterer Schritt zur Sicherung der Gesundheitsversorgung in der Region erfolgt. Neben dem bereits bestehenden Dialysezentrum sollen demnächst eine Neuro-Reha-Einrichtung und das sogenannte Bürgerspital ihren Betrieb aufnehmen (siehe Hintergrund).
Auch von außen ist zu erkennen, dass in dem Gebäude der insolventen Rotkreuzklinik im Stadtteil Reinhardshof ein neues Kapitel beginnt. Der Komplex ist eingerüstet. Nach Auskunft der Stadtentwicklungsgesellschaft, der neuen Eigentümerin, wird die Fassade neu gestrichen. Auch das neue Logo der Klinik soll dann gut sichtbar sein.
Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez erinnerte vor dem offiziellen Akt der Vertragsunterzeichnungen an die mitunter turbulenten Ereignisse in den vergangenen Monaten – zum Beispiel die Unterschriftenaktion, an der sich über 20 000 Personen beteiligt haben und die Demonstrationen in der Main-Tauber-Stadt und Stuttgart. Von den Aktionen sei der „klare Auftrag“ ausgegangen, den Krankenhausstandort Wertheim samt Notfallversorgung zu retten und zu erhalten. Herrera Torrez sprach von einer „großen Aufgabe und Bürde“ für Stadtverwaltung sowie Gemeinderat.
Voll ausgelastet
Nach der insolvenzbedingten Schließung des Hauses im Juni, habe man zunächst davon ausgehen müssen, dass das „Kapitel Krankenhaus in Wertheim“ damit erledigt ist. Gemeinderat und Stadtverwaltung hätten sich nicht damit abfinden wollen. Deshalb habe der Gemeinderat im August einstimmig beschlossen, das Gebäude zu erwerben und später auch der Bezuschussung des Bürgerspital-Betriebs zugestimmt.
Ziel sei nun, möglichst bald ein „voll ausgelastetes Krankenhausgebäude“ zu haben. Mit den drei Partnern könne man eine gute Gesundheitsversorgung anbieten. Das Gebäude werde künftig „in einer Art und Weise ausgelastet sein, wie es in der Vergangenheit noch nie gewesen ist“, was notwendig sei, um wirtschaftlich arbeiten zu können.
Die Stadt sei fest entschlossen, den Wunsch der Bevölkerung nach einer Notfallversorgung zu erfüllen. Vorarbeiten seien bereits eingeleitet. „Wir gehen mutig und tatkräftig voran und setzen darauf, dass andere diesen Mut ebenfalls haben“, spielte Herrera Torrez darauf an, dass es noch Gesprächsbedarf mit dem Landkreis und dem Regierungspräsidium gibt. Der Gemeinderat habe am Wochenende bei einer Klausurtagung „seine Hausaufgaben gemacht“ – mit „weitreichenden Beschlüssen zur Verbesserung des Haushalts“. Er gehe mit „optimistischer Erwartungshaltung“ in das Gespräch mit Landkreis und Regierungspräsidium, das am Montagmittag stattfinden sollte.
Alexander Gläser, Geschäftsführer des Bürgerspitals, sagte mit Blick auf die Zukunft, dass das Krankenhaus „direkter“ werden müsse. Es müsse „verstehen, was die Menschen vor Ort umtreibt“, und „welchen Auftrag es als Gesundheitsdienstleister“ habe. Die Menschen könnten ein „gesünderes, vernünftigeres und einfacheres Leben führen“.
„Näher, wärmer, herzlicher“
In der Vergangenheit habe dies „für den früheren Krankenhausträger große Herausforderungen mit sich gebracht“, spielte er auf die Managementqualitäten der Rotkreuz-Schwestern an.
Zusammen mit den anderen Fachdienstleistern wolle man künftig „integrierter“ vorgehen. Man erhebe nicht den Anspruch „alles besser zu können“. Man werde dafür sorgen, dass der Partner mit der größten Kompetenz und der größten Nähe zum Patienten die erforderliche Leistung erbringe. Mit Pragmatismus habe man bei den Gesprächen andere von dem Konzept überzeugt. Gläser würdigte die „schwere Arbeit“ der politischen Entscheidungsträger in den vergangenen Monaten.
Schließlich wolle man „näher, wärmer und herzlicher sein“ gegenüber jenen, die „Hilfe, Fürsorge und Pflege“ benötigen. Im Bürgerspital würden künftig viele Menschen arbeiten, die auch für den Krankenhausstandort gekämpft haben. Die für den Betrieb entwickelten Strategien würden von Leuten umgesetzt, die aus der Umgebung kommen und damit „der verlängerte Arm der Bevölkerung in unsere Strukturen sind“. Im Dezember werde das Haus mit einem „kleinen Testbetrieb“ starten. Die Kostenträger hätten bereits bestätigt, dass das Bürgerspital ab dem neuen Jahr Kassenleistungen erbringen darf. Ab Januar beginne der „eigentliche Krankenhausbetrieb“. Stufenweise werde man anschließend zu einem Vollbetrieb kommen. Gläser geht davon aus, dass das Regierungspräsidium grünes Licht für den erforderlichen städtischen Zuschuss gebe.
Riesiger Bedarf
Mediclin-Geschäftsführer Thomas Piefke würdigte die „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit der Stadt. Mediclin verfüge über ein „exzellentes Netzwerk“, was die neurologische Rehabilitation angeht, das man in Wertheim einbringen werde. Dies helfe dabei, die wohnortnahe Nachsorge beispielsweise von Schlaganfall-Patienten zu gewährleisten, um mit Spezialtherapien schwerwiegende Eingriffe in die Lebensqualität abzumildern. „Der Bedarf ist riesig“, berichtete Thomas Piefke.
Mit dem Betrieb wolle man zum 1. Januar beginnen und ihn anschließend „schrittweise nach oben fahren“. Es gebe noch freie Stellen, für die man Bewerber suche. Für die „Endausbaustufe“ reiche das Personal derzeit noch nicht. Bereits am 1. Dezember werde die Cafeteria ihren Betrieb aufnehmen, und die Essensversorgung für interne und externe Kunden übernehmen.
Frank Breunig vom Nierenzentrum freute sich darüber, dass die Dialyse-Gemeinschaftspraxis der „bedrohlichen Situation“ nach der Klinik-Insolvenz entkommen ist. So könne man weiter die Dialyse-Patienten betreuen, die regelmäßig auf eine Behandlung angewiesen sind. Dies sei für den Gesundheitsstandort „ein ganz wichtiger Faktor“. „Wir sind sehr froh, dass wir hier weitermachen können“, so Breunig.
Quelle: Zeitung – Wertheim – Dienstag 19. NOVEMBER 2024 / Seite 7