Das Krankenhaus-Drama dominiert

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Jahresrückblick: Kampf um den Fortbestand der Klinik bestimmte die Wertheimer Kommunalpolitik
Von Gerd Weimer

Wertheim. Kaum ein Thema hat die Wertheimer Kommunalpolitik je so dominiert, wie der Kampf um den Fortbestand des Krankenhauses. Dynamik und Dauer der Entwicklung suchen ihresgleichen. Hoffnungen, die der Insolvenzverwalter Mark Boddenberg noch zu Beginn des Dramas im September 2023 schürte („Wir werden hier etwas Neues aufbauen“), waren im Juni zerstoben.

Der Insolvenzverwalter verkündete das endgültige Aus. Patienten standen vor verschlossenen Türen. Mitarbeiter veranstalteten später eine „Abschiedsfeier mit Wut im Bauch“.

Noch zu Beginn des Jahres sah es danach aus, dass die Rotkreuzklinik weiter existieren könnte. Die Stadt hatte sich darum bemüht, das Haus in eigener Regie weiterzuführen und führte entsprechende Gespräche. Landrat Christoph Schauder sicherte, nachdem er zunächst rechtliche Bedenken angeführt hatte, im Februar Unterstützung zu: „Die helfende Hand des Landkreises bleibt ausgestreckt“, sagte er in einem FN-Interview im Februar.

Hunderte Menschen aus Wertheim und Umgebung in Stuttgart und Tauberbischofsheim demonstrierten Anfang März für den Erhalt des Krankenhauses. In Stuttgart sprach Gesundheitsminister Manfred Lucha zu den Demonstranten. Die Unterstützung der Landesregierung war unerlässlich, denn für eine Fortführung des Betriebs war die Aufnahme einer kommunalen Klinik in den Landeskrankenhausplan unerlässlich.

Bei der Kundgebung in Tauberbischofsheim bestätigte Landrat Schauder seine Unterstützung erneut: „Wir lassen die Stadt nicht im Regen stehen.“ Das Projekt schien auf einem erfolgreichen Weg. Minister Lucha kam wenig später zu einer nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung nach Wertheim. Er warnte allerdings das Gremium davor, sich mit dem Projekt finanziell zu übernehmen.

Dann die Hiobsbotschaft: Die Schwesternschaft legte die Gespräche mit der Stadt auf Eis. Offenbar ging man in München davon aus, dass man so finanziell besser davonkommt. Es geht um 40 Millionen Euro für die Altersversorgung der Mitarbeiter.

Drei Monate später verkündete Insolvenzverwalter Boddenberg, dass die Stadt Wertheim aus dem Rennen ist. Stattdessen sollte es eine Fachklinik für Amputationsnachsorge und Schmerztherapie geben. Der dafür gefundene Betreiber Josef Oswald hatte zuvor schon einmal Interesse gezeigt, war aber abgesprungen. Doch Oswald hatte die Rechnung ohne die Kostenträger gemacht. Die Krankenkassen wollten seine Fachklinik nicht mitfinanzieren. Mittlerweile hatten auch etliche Mitarbeiter das Weite gesucht. Letztlich zog der Insolvenzverwalter die Reißleine und verkündete im Juni das Aus. OB Herrera Torrez sprach von einem „Desaster“, „Zorn und Wut“.

Allerdings blieben Stadt und Gemeinderat am Ball und entschlossen sich, das Gebäude aus der Insolvenzmasse herauszukaufen, um es weiter für die medizinische Versorgung zur Verfügung stellen zu können. Im Hintergrund entwickelte die Wertheimer Ärzteschaft ein Konzept mit integrierter Notfallversorgung.

Zwischenzeitlich führte man Gespräche mit potenziellen Mietern. Mediclin, Betreiber von neurologischen Rehabilitationskliniken, bekam eine Zusage. Die Westfalen-Klinik-Gruppe legte das Konzept des Bürgerspitals vor, das eine Grund- und Regelversorgung samt Notfallaufnahme vorsieht. Die Landesregierung stützte das Konzept, indem sie die notwendigen Betten in den Krankenhausplan aufnahm.

Als Ausgleich für die defizitäre Notfallversorgung will die Stadt bis zu 2,75 Millionen Euro jährlich beisteuern, was den Haushalt arg strapaziert. Ohne Unterstützung von außen (Landkreis, benachbarte Kommunen) werde es nicht funktionieren, wiederholt OB Herrera Torrez immer wieder. Der Kreistag beschloss zwar grundsätzlich, das Projekt zu unterstützen. Bevor öffentliche Gelder fließen, müsse es aber gründlich geprüft werden.

Die Entscheidung, ob Wertheim tatsächlich wieder ein Krankenhaus bekommt, das die wohnortnahe medizinische Versorgung sicherstellt, wird im nächsten Jahr fallen. Dann beschließt der Kreistag endgültig, ob es einen finanziellen Beitrag des Landkreises geben wird. Und die Stadt Wertheim kann einen Haushalt verabschieden, der vom Regierungspräsidium genehmigt wird.

Quelle: Zeitung – Wertheim – Dienstag 31. DEZEMBER 2024 / Seite 9 

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