Gemeinderat stimmt Bürgerspital zu

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WERTHEIM. Der Gemeinderat Wertheim hat sich in einer Sondersitzung am Montagabend mehrheitlich für den Abschluss einer sogenannten Ausgleichs- und Betrauungsvereinbarung zwischen der Stadt Wertheim und der gemeinnützigen Gesellschaft (gGmbH) Bürgerspital Wertheim ausgesprochen. Einzig SPD-Gemeinderat Ingo Ortel enthielt sich der Stimme.

Die Verwaltung wurde mit dem Beschluss beauftragt, eine entsprechende Vereinbarung mit dem zukünftigen Träger des Bürgerspitals Wertheim abzuschließen, das nach Aussage von Alexander Gläser, dem geschäftsführenden Gesellschafter der Westfalenklinik-Gruppe, mit seinem Klinikbetrieb Mitte Dezember starten will. Die Vereinbarung mit der Klinik an der Waldau GmbH gilt vorerst für eine Dauer von zehn Jahren.

Zustimmung fehlt noch
Genehmigt werden muss diese Vereinbarung noch vom Regierungspräsidium Stuttgart, weshalb die Vertragsunterlagen jetzt »schnellstmöglich und vollständig« der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden sollen, heißt es in dem Beschluss weiter.

Zustimmen muss das Regierungspräsidium allerdings auch noch den Haushaltsplanungen der Stadt Wertheim für die kommenden Jahre. Die Genehmigung der Vereinbarung, so hatte es bereits im Gemeinderat am 21. Oktober geheißen, sei »an die dauernde, finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde geknüpft«.

Eine Genehmigung des Haushalts 2025 und damit des gesamten ambitionierten Projekts Bürgerspital mit Notfallversorgung (siehe dazu Hintergrund) habe das Regierungspräsidium allerdings derzeit nicht in Aussicht gestellt, schränkte Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez in der Sitzung am Montag erneut ein, nachdem er bereits bei der Einbringung des Haushalts darauf hingewiesen hatte.

Deshalb müssen der Gemeinderat und die Finanzverwaltung mit Blick auf den Haushalt 2025 und die mittelfristige Finanzplanung, beides soll am 18. Dezember beschlossen werden, noch Hausaufgaben machen und nach weiteren Einsparungen suchen. Der Beschluss von Montagabend beinhaltet folglich auch den Nachweis der »notwendigen Leistungsfähigkeit« des städtischen Haushalts für die kommenden Jahre gegenüber der Rechtsaufsicht im Regierungspräsidium Stuttgart.

Auf die Nachfrage von Songrit Breuniger (Freie Bürger), ob das Regierungspräsidium mit einem Nein zum Wertheimer Haushalt das Projekt Bürgerspital noch verhindern könne, verwies der Oberbürgermeister auf ein Schreiben aus dem Innenministerium an die Regierungspräsidien zur angespannten Haushaltslage vieler Kommunen in Baden-Württemberg. Darin sei unter anderem darauf verwiesen worden, dass die Präsidien »ihre Spielräume bei den Haushaltsgenehmigungen nutzen sollten«. »Dies kann uns helfen«, gab sich der Oberbürgermeister zuversichtlich.

Bürgerdialog zum Haushalt
Erstmals in der Geschichte der Haushaltsberatungen der Großen Kreisstadt wird es am 9. November in der Aula Alte Steige einen Bürgerdialog zum aktuellen Haushalt und den mittelfristigen Finanzplanungen für die Jahre bis 2028 geben, kündigte Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez an. In einzelnen Gruppen, so die Planungen, sollen »ausgewählte Bürgerinnen und Bürger« in einem moderierten Dialog sich darüber verständigen, in welchen Themenfeldern sie Einsparpotenziale im Wertheimer Haushalt sehen. Dabei soll es um unter anderem Themen wie Soziales, Kultur, Bauvorhaben, aber auch die allgemeinen Finanzen der Stadt Wertheim gehen.

Weiterhin beinhaltet der Beschluss von Montagabend den Auftrag an die Stadtverwaltung, mit dem Landkreis Main-Tauber über »eine substanzielle finanzielle Unterstützung zur Finanzierung des Defizitausgleichs der Notfallversorgung im Bürgerspital« zu verhandeln. Dazu soll es auch ein gemeinsames Gespräch mit dem Regierungspräsidium, der Landkreisverwaltung und dem Bürgerspital geben. Die für solche Verhandlungen mit dem Landkreis notwendigen »Unterlagen und Informationen« seien der Landkreisverwaltung bereits zur Verfügung gestellt worden, sagte der Oberbürgermeister. In welcher Höhe der Landkreis sich am Defizitausgleich für die Notfallversorgung beteiligen wird, darüber liegen noch keine Zahlen vor. Katharina Saur (Grüne) bat darum, dass die Verwaltung auch den Stadträten die entsprechenden Vertragsunterlagen zur Verfügung stellen möge.

Nachbarkommunen beteiligen
Schließlich sollen auch benachbarte Kommunen, »aus deren Gemeindegebiet in der Vergangenheit in größerem Umfang Patienten in der ehemaligen Rotkreuzklinik aufgenommen wurden«, um eine Unterstützung zur Finanzierung des Defizits für die geplante Notfallversorgung im Bürgerspital gebeten werden, heißt es im Beschluss weiter. Dabei handele es allerdings »um freiwillige Leistungen«, die die jeweilige Kommune auch mit ihrer Rechtsaufsicht abzuklären habe, so Herrera Torrez. Die Stadtverwaltung wird infrage kommenden Kommunen – der OB nannte keine Städte oder Gemeinden im Umkreis Wertheims – »einen Vorschlag zur finanziellen Beteiligung« machen und bittet diese, über diesen dann in den jeweiligen Gremien zu beraten und zu beschließen.

Axel Wältz (CDU) betonte noch einmal, dass Wertheim »ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung« brauche. Allerdings seien »die meisten Krankenhäuser in Deutschland defizitär« aufgrund der momentanen Finanzierungssysteme. Erst durch die Fachabteilung einer Adipositas-Chirurgie werde das neue Bürgerspital »realisierbar und tragfähig«. Die öffentliche Hand sei nun gefragt, die erwarteten Verluste der Basisnotfallversorgung auszugleichen, auch wenn der Verlustausgleich für den Haushalt »zu einem Kraftakt« werde.

»Bauchgrummeln«
Stefan Kempf (Bürgerliste) machte deutlich, dass seine Fraktion »mit Bauchgrummeln« dem Beschluss zugestimmt habe. Vor allem die Frage, ob und in welcher Höhe sich Nachbarkommunen und der Landkreis »langfristig und verpflichtend« am Ausgleich des Defizits beteiligen, ist für die Bürgerliste von entscheidender Bedeutung für eine Finanzierung des Bürgerspitals.
»Alleine kann Wertheim das nicht schaffen«, schloss Kempf »weitere Steuererhöhungen zur Finanzierung von freiwilligen Leistungen« aus.

Auch sein Fraktionskollege Jonathan Klüpfel schloss die im Haushalt 2025 vorgesehenen Steuererhöhungen aus. »Die gehen so nicht durch die Beratungen«, war er sich sicher. Kosten in Höhe von bis zu fünf Millionen Euro – das Defizit der Stadtentwicklungsgesellschaft eingerechnet – stellten den Haushalt vor »sehr große Herausforderungen«, so Kempf.

Quelle: Zeitung – Wertheim – MITTWOCH, 30. OKTOBER 2024 15

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