Medizinische Versorgung: Nach intensiver Debatte stimmt große Mehrheit des Gremiums für Zuschuss zum Betrieb des Bürgerspitals, stellt aber Bedingungen
Von Gerd Weimer
Wertheim/Main-Tauber-Kreis. Der Kreistag hat am Mittwoch in nichtöffentlicher Sitzung mit großer Mehrheit beschlossen, die Stadt Wertheim beim Betrieb des geplanten Bürgerspitals mit Basisnotfallversorgung mit Mitteln des Landkreises zu unterstützen. Allerdings ist die Unterstützung an Bedingungen geknüpft. Dies teilte das Landratsamt am Donnerstag in einer Presseerklärung mit.
Wie mehrfach berichtet, erwartet die Stadt, dass der Landkreis ihr unter die Arme greift, um die medizinische Versorgung in Wertheim und Umgebung auf angemessenem Niveau zu erhalten. Patienten müssen seit der insolvenzbedingten Schließung der Rotkreuzklinik in weit entfernte Hospitäler in Tauberbischofsheim, Lohr, Bad Mergentheim oder Würzburg ausweichen und dafür lange Fahrtzeiten in Kauf nehmen.
Millionenzuschuss
Die Stadt möchte der privaten Betreibergesellschaft des Bürgerspitals bis zu 2,75 Millionen Euro zahlen, damit es eine Notfallaufnahme samt Stroke Unit für Schlaganfallpatienten vorhalten kann. Das Land hatte dem Konzept mit der Aufnahme von 95 vollstationären Betten in den Krankenhausplan bereits grünes Licht gegeben. Allerdings befürchtet das Regierungspräsidium, dass sich die Stadt damit finanziell übernimmt, und hat bisher keine Genehmigung erteilt.
In dem Grundsatzbeschluss werde deutlich, dass der Kreistag die Einrichtung eines Bürgerspitals Wertheim als Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung mit integrierter Basisnotfallversorgung sowie die finanzielle Unterstützung des Betriebs durch die Stadt Wertheim, sofern diese rechtlich zulässig ist, begrüßt, heißt es in der Mitteilung des Landratsamts. Ein durch die Stadt beauftragtes Gutachten der Beratungsgesellschaft KPMG war schon zu dem Schluss gekommen, dass dem Projekt zumindest aus Sicht des EU-Beihilferechts nichts entgegensteht.
Landrat Christoph Schauder hatte in der Vergangenheit mehrfach zu verstehen gegeben, dass er das Projekt kritisch sieht. Zuletzt hatte er in einem Interview mit dem Deutschlandfunk darauf verwiesen, dass im Main-Tauber-Kreis mit den Kliniken in Bad Mergentheim und Tauberbischofsheim bereits 675 Betten zur Verfügung stehen. In dem Interview sicherte er gleichzeitig zu, dass man die Bitte der Stadt um Unterstützung „im Rahmen des rechtlich möglichen lösungsorientiert prüfen“ werde.
Umfangreiche Prüfung
Aus dem Grundsatzbeschluss gehe deutlich hervor, dass die Stadt Wertheim vor einer endgültigen Entscheidung die Finanzplanung für das Bürgerspital nachvollziehbar aufzeigen müsse, so die Mitteilung vom Donnerstag. Neben einem belastbaren medizinischen Konzept einschließlich einer Management- und Personalplanung sei die Kostenprognose des Betriebs vorzulegen. Es gehe um die Frage, wie hoch das zu erwartende Defizit ausfalle. „Hierbei sind auch die Einnahmen aus dem Privatpatienten- und dem Selbstzahlergeschäft zu berücksichtigen“, lässt Landrat Christoph Schauder wie schon bei vorheriger Gelegenheit wissen.
Stundenlange Debatte
Indes wurde während der stundenlangen Debatte, die nach FN-Informationen intensiv, zuweilen hitzig geführt worden sein soll, auf Drängen aus dem Gremium ein Passus aus der Entscheidungsvorlage der Landkreisverwaltung gestrichen. Dieser hätte bedeutet, dass die BBT-Gruppe, die Hauptgesellschafterin der Gesundheitsholding Tauberfranken, an der auch der Landkreis beteiligt ist, umfangreiche Einsicht in die Unterlagen erhalten sollte. Für die Betreibergesellschaft des Bürgerspitals war dies kaum annehmbar, weil sie einem Konkurrenten sensible Geschäftszahlen hätte offenbaren müssen.
Verzicht auf eigenen Antrag
Offenbar weil die Klausel gestrichen wurde, verzichteten Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez und andere Kreisräte auf eine Abstimmung zu einem eigenen Antrag. Herrera Torrez und die Mitunterzeichner hätten schließlich den Antrag der Landkreisverwaltung unterstützt, „nachdem dieser an einer wichtigen Stelle abgeändert worden war“, heißt es in einer Stellungnahme der Stadt Wertheim.
Die Stadt begrüße den gestern gefassten Grundsatzbeschluss und danke den Mitgliedern des Kreistags „für die Bereitschaft, die Stadt Wertheim bei Finanzierung der Notfallversorgung zu unterstützen“, so die Mitteilung. Für die Menschen im nördlichen Landkreis, die auf die baldige Wiederaufnahme der Notaufnahme am Krankenhausstandort Wertheim hoffen, sei dies „ein wichtiges und wohltuendes Signal“. Eine weitere Einordnung des Beschlusses werde Herrera Torrez in der öffentlichen Gemeinderatssitzung am Montag vornehmen, in der es um den Beschluss der Betrauungs- und Ausgleichsvereinbarung zwischen Stadt und Bürgerspital geht.
„Es freut mich, dass der Kreistag meinem Vorschlag mit breiter Mehrheit gefolgt ist“, lässt sich Landrat Schauder zitieren. Die Entscheidung sei „ein starkes Signal und ein deutlicher Ausdruck der Solidarität und des guten Miteinanders im Main-Tauber-Kreis“.
„Hand bleibt ausgestreckt“
Die helfende Hand des Landkreises bleibe weiter ausgestreckt. „Nun liegt der Ball bei der Stadt Wertheim, die einige Voraussetzungen erfüllen muss, damit aus der grundsätzlichen Bereitschaft des Kreises zu einer finanziellen Unterstützung zu gegebener Zeit ein Votum mit einer konkreten Zuschusshöhe werden kann“, so Schauder. Im Hinblick auf die zu schaffende Transparenz gebe es eine klare Erwartungshaltung des Kreistags an OB Herrera Torrez.
Quelle: Zeitung – Wertheim – Freitag 25. OKTOBER 2024 / Seite 9